Die Suche nach dem "richtigen" System
Heute: Seekrieg4
Hallo alle miteinander! Seit ein einiger Zeit sind wir nun
auf der Suche nach Regeln für Seeschlachten und können uns nicht so recht
entscheiden. Einfach sollen sie sein, na klar, doch zugleich suche ich auch
etwas, was mehr in Richtung Simulation geht als ein schnödes BlackPowder zur
See. Die Entfernungen der Seeschlachten, die Eigenheiten der Schiffe, kritische
Schäden, das alles wünsch ich mir in einem guten Rahmen, der dennoch schnell zu
bewältigen und einfach zu lernen ist. Dabei viel mein Augenmerk zuerst auf
Seekrieg4 (gibt es für Lau im Netz). Der erste Eindruck war: einfache Regeln,
viel Tabellenarbeit und Buchführung. Das System scheint viele Variablen des
Seekriegs mit einrechnen zu wollen, ist insgesamt also mehr eine Simulation.
Heute Abend hab ich dann mal für ein Probespiel entschieden und möchte euch
meine Erkenntnisse anhand eines Schlachtberichts mitteilen:
Russische Marine:
Panzerkreuzer Gromoboi
Geschützer Kreuzer Novik
4 Zerstörer Puili-Klasse
Japanische Marine Panzerkreuzer Gromoboi
Geschützer Kreuzer Novik
4 Zerstörer Puili-Klasse
Geschützer Kreuzer Chitose
Geschützer Kreuzer Kasagi
Geschützter Kreuzer Takachiho
3 Zerstörer Shirakumo-Klasse
Geschützer Kreuzer Kasagi
Geschützter Kreuzer Takachiho
3 Zerstörer Shirakumo-Klasse
Aufstellung:
Zu Beginn stehen sich beide Flotten in je 2 Divisionen in
ungefähr 12.000yards Entfernung gegenüber. Plan der Russen sollte es sein, mit
ihrem überlegenen Panzerkreuzer die gegnerischen schweren Schiffe zu
beschädigen und dann einen Torpedobootangriff mit den Zerstörern zu fahren. Die
Japaner wollten hingegen den Panzerkreuzer versenken und mit ihren Zerstörern
die der Russen abfangen.Runde 1
Beide Seiten bewegen sich gerade auf einander zu, alle Zerstörer
beschleunigen um durch ihre hohe Geschwindigkeit Schutz zu erhalten. Die
japanischen Kreuzer schwenken nach Backbord und eröffnen auf knapp 10.000 Yards
das Feuer, treffen aber nichts.
Bewegung:
Beide Seiten bewegen Simultan, die geplanten Manöver und Geschwindigkeiten
der Schiffe werden dafür vorher auf den Bögen eingetragen. Man kann 30% der
Maximalgeschwindigkeit beschleunigen und 40% verlangsamen in der Runde. Jedes
Schiff kann in einer Runde (2 Minuten) eine maximale Gradzahl schwenken,
meist zwischen 180-135°. Dazu werden die Schwenkungen in 45°-Schritte
unterteilt, zwischen denen die Schiffsbewegung stattfindet. Eine 90°-Grad
Schwenkung bestünde dann aus 1/3 Bewegung-45° Schwenk-1/3 Bewegung-45°
Schwenk-1/3 Bewegung. Außerdem kann man Ausweichmanöver fahren, was die
Bewegung auf 75% reduziert, aber guten Schutz bietet.
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Runde 2
Die Russen fahren weiter gerade auf die Japaner zu, während
die japanischen Kreuzer ihre Schwenkung vollenden und ihre Zerstörer auf nun 30
Knoten gerade weiterbeschleunigen. Während die Großschiffe ihren Abstand
nur wenig verringern, kommen sich die flinken Zerstörer gefährlich nahe. In der
Schußphase eröffnen nun beide Seiten das Feuer, die Japaner Zielen auf die
Gromoboi und ihre Zerstörer auf die je Gegnerischen, während alle Russen auf
den führenden japanischen Kreuzer, die Chitose, schießen. Erneut treffen die
Japaner nichts, einzig ein russischer Zerstörer trifft die Chitose mit seinem
4.7“-Geschütz, verursacht aber nur sehr geringen Schaden da er die Panzerung
nicht durchdringen kann.
Beschuss:
Jedes Schiff ist mit einer Vielzahl an Waffen
ausgestattet, die Hauptgeschütze zumeist in Bug und Hecktürmen, während die
Sekundär- und Tertiärbewaffnung meist in Kasematten an den Seiten und meist
eins der Geschütze pro Seite an Bug und Heck ist. Damit haben die Schiffe
dieser Epoche eine sehr starke Breitseite, dies aber zumeist nur auf kürzere
Reichweite (naja teils 9.000 Yards..). Wie die Bewegung wird das Feuer auch
eingetragen und erfolgt dann simultan. Jedes Geschütz hat eine Rate of Fire,
also eine Anzahl an Schuss die es pro Runde abgeben kann (diese nimmt mit der
Entfernung ab). Es gibt keinen Basistrefferwurf, sondern man rechnet wie in
jedem Spiel bestimmte Trefferwurfmodifikatoren zusammen, die dann einen
Basiswert ergeben. Auf diesen Wert wird dann mit W100 gewürfelt und je nach
RoF und Würfelergebnis treffen dann ein oder mehrere Geschosse.
Beispiel: Die Gromoboi schießt mit ihrem Frontturm auf die Chitose.
Sie besitzt zwei 8“-Geschütze mit je ROF4 die durch die Entfernung von 9.600
Yards nicht verringert wird, also RoF8 insgesamt. Dann rechnen wir die
Modifikatoren zusammen(Zielgröße, Geschwindigkeit, Beschußanzahl des Ziels,
Treffer in der vorherigen Runde etc.) und kommen auf einen Wert von 22. Nun
schauen wir in die Beschußtabelle und sehen unter 22 bei RoF8, das wir
mindestens eine 25 und weniger brauchen, damit mindestens ein Schuß trifft. Je
geringer wir dann würfeln, desto mehr Treffer können wir erlangen, bei dieser
Wahrscheinlichkeit von 25 aber maximal 3. Also gewürfelt, ne 86, leider alles
daneben…
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Runde 3
Beide Zerstörerdivisionen halten mit hoher Geschwindigkeit
weiter auf einander zu, jedoch fahren die Japaner nun Ausweichmanöver, während
die Russen einen Schwenk nach Steuerbord vollführen. Beide feuern auf einander,
jedoch gelingt niemanden ein Treffer.
Die japanischen Kreuzer schwenken erneut, diesmal nach
Backbord, während die russischen Dickschiffe 45° Steuerbord schwenken. Beide
Seiten stehen sich nun Breitseite gegenüber bei einer Entfernung von 8.500
Yards. Von den Russen erzielt die Gromoboi zwei Treffer mit ihren schweren 8“-Geschützen
und einen dritten mit einem Sekundärgeschütz. Doch, welch ein Glück für die Japaner,
nur eins der schweren Geschoße explodiert, während die beiden übrigen
Blindgänger sind!! Puh nochmal Schwein gehabt… Nun feuern die japanischen
Kreuzer zurück und landen mehrere Treffer auf der Gromoboi, von denen auch
einige die Panzerung durchschlagen. Ein Geschoß schlägt in den Aufbauten ein
und verursacht einen kritischen Treffer an einem der Schornsteine, was die Fahrt
der Gromoboi verlangsamt und dank der starken Rauchentwicklung das Zielen erschwert.
Treffer:
Landet man einen Treffer, würfelt man zuerst die getroffene Stelle
aus und schaut dann, ob man die Panzerung durchschlagen kann. In unserem
Beispiel hat die Chitose mit einem 8“ Geschoß die Aufbauten der Gromoboi
getroffen. Die hat dort eine Panzerung von 4.6“, das japanische Geschoss auf
8.600 Yards einen Durchschlag von 5,6, also durchschlägt es die Panzerung und
verursacht vollen Schaden (in diesem Fall 30). Treffer die die Panzerung
nicht durchdringen verursachen deutlich weniger Schaden (1/3). Dann würfelt
man auf kritische Treffer, bei einem Durchschlag 65%, ansonsten 20%. Wir
würfeln eine 46, also haben wir einen Krit. Nun würfeln wir erneut auf einer Tabelle
was denn passiert und siehe da, ein Schornstein wurde zerstört was der
Gromoboi -4 auf den Trefferwurf gibt und ihre Fahrt dauerhaft um 4 Knoten
verlangsamt.
Den Schaden zieht sich die Gromoboi von ihrem Gesamtwert ab, der liegt
bei einem Panzerkreuzer bei 400(!). Hört sich erstmal viel an, aber: durch
Schaden fallen nach und nach die Waffen aus und das Schiff wird langsamer. In
dieser Runde hat die Gromoboi insgesamt 84 Schaden erleiden müssen was dazu
führte, das neben dem kritischen Treffer ihre Fahrt weiter um 2 Knoten verringert
wird (2 Knoten je 44 Schaden), 4 Tertiärgeschütze (1 pro 20 Schaden) und 3
Sekundärgeschütze (1 pro 25) ausgefallen sind. Ihr seht, obwohl wir so einen dicken Pott
haben, und sie „erst“ zu einem knappen Viertel beschädigt ist, hat die
Gromoboi doch schon deutlich gelitten.
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Runde 4
Die Linien halten ihren Kurs doch der Geschwindigkeitsverlust der
Gromoboi macht sich in der Schussphase deutlich bemerkbar. Das Schiff selbst
schießt schlechter, auch weil es letzte Runde getroffen wurde, während
die Japaner sich nun eingeschossen haben. Die Chitose erleidet erneut nur geringen
Schaden (3 Punkte), während die Gromoboi wiederum unter der Treffern der schweren
8“er zu leiden hat. Sie erleidet eine Munitionsexplosion bei einem
Sekundärgeschütz am Bug (3facher Schaden, also 90!) und ein Feuer bricht an Bord aus. Durch
einen weiteren Glückstreffer einer 4.7“ Kanone (kein Druchschlag aber Krit)
explodiert ein Maschienenraum der Gromoboi, was ihre Geschwindigkeit noch einmal
um die Hälfte reduziert. 2 Runden und 3
gute Treffer haben ausgereicht den so überlegenen Panzerkreuzer aus dem Spiel
zu nehmen.
Runde 5 hab ich nicht mehr gespielt. Die Gromoboi brennt und
muss jede Runde würfeln ob das Feuer nicht außer Kontrolle gerät, die
russischen Zerstörer wurden durch die Japaner aufgehalten und ihre 3 Kreuzer
dominieren das Seegebiet. Das war ja eine deutliche Geschichte.
Ein erstes Fazit:
Maßstab: Die Schiffe sind wirklich klein! Aber: es läßt sich gut
mit spielen und auch die Entfernung kommt gut rüber. Ich habe mit den Maßen:
2Knoten:1/4“ und 2“:1000Yards gespielt. Dabei ist mir aufgefallen, dass
insbesondere bei der Bewegung das Spielen mit Zentimeter besser gewesen wäre,
da man häufig auf so krumme Werte wie 2,25“ kommt.
Bewegung: Die Regeln sind recht klar und eindeutig, die
Schwenkungen für Einzelschiffe einfach und nachvollziehbar. Jedoch gibt es
keine Regeln für Divisionen und Formationen, nach den Regeln würde eine
Division in Keillinie bei einer Schwenkung durcheinander geraten, da alle gleichzeitig
Schwenken. Man müsste also den Abstand der Schiffe in der Formation
aufschreiben und mit einberechnen. Das war irgendwie ein wenig hakelig,
letztlich aber machbar.
Beschuß: Es benötigt schon etwas Buchführung, da jedes Geschütz
einzeln und mit unterschiedlicher RoF gefeuert wird, dazu noch die vielen
verschiedenen Waffenpositionen, da muss man erstmal reinkommen. Doch ab meiner
3. Runde ging es schon deutlich flotter. Zudem ist einiges an Tabellenarbeit zu
tun: Tabelle für RoF nach Entfernung, Treffermodifikatoren, Treffertabelle,
Trefferzonentabelle, Krittabelle und 50 verschiedene Kritauswirkungen, das ist
schon fast Battletech. Hier müsste man noch einiges entschlacken, zB die RoF
nach Entfernung mit auf die Datenbögen, und man müsste alle Tabellen mal
übersichtlich zusammenfassen von 5 Seiten auf 2. Der Beschuß selbst fühlt sich „real“
an, und insbesondre die Trefferauswirkungen wirken gut. In einem Kampagnenspiel
müsste ich mir nun wirklich überlegen die geschundene Gromoboi aus dem Gefecht
zu ziehen, dabei ist sie noch sehr stark, aber eben schon deutlich langsamer
und viele Waffenstationen sind bereits ausgefallen. Man muss zwar recht viel
Würfeln und Buchführen bei dem ganzen Beschuss (die Chitose hat zB mit 2 8“er,
5 4,7“er und 7 3“er geschossen) aber das ging ab Runde drei auch schon gut.
Die kleineren Geschütze haben sich gegen die großen Schiffe
kaum als Wirksam erwiesen, hingegen waren die 8“ bei einem Treffer verheerend.
Viel Schaden und 65% Chance auf Krit, das machte die Gromoboi nicht lange mit. So ergab es für die Japaner kaum Sinn sich den
Russen anzunähern, die Gefechtsdistanz bewegte sich dauerhaft um die 9.000
yards. Das fand ich doch recht realistisch.
Datenbögen und Buchführung: Datenbögen gibt es keine, meine
sind selbstgemacht. Dabei hab ich für jedes einzelne Schiff einen Bogen mit
Bewaffnung, Reichweiten, Durchschlag etc gemacht. Das erwies sich einerseits
als gut, da so viel weitere Tabellenarbeit weggefallen ist, andererseits als
viel zu viel. Eine DIN A4 Seite pro Division (2-6 Pötte) muss reichen. Die Waffen
wiederholen sich ja, außerdem brauch man schon etwas Raum für die
Schadensauswirkungen. Was mir noch fehlt ist ein Grundriss der Schiffe, auf
denen dann die Türme und ihre Schußwinkel zu sehen sind und so auch der
Beschußschaden gut eingetragen werden kann. Da muss ich also noch Arbeit
investieren.
Insgesamt macht das System einen guten Eindruck, ist aber
glaube ich nur was für große Schlachten mit mehreren Personen wenn alle sich eingewöhnt haben. An den Bewegungsregeln muss ich noch basteln, oder etwas üben, mal sehen. Die Schiffe sind sehr detailliert
aufgeführt, man verfügt über jedes Rohr und insbesondere das vielfältige
Schadensmodel fand ich gut. Am Anfang muss man noch viel in die zahlreichen
Tabellenschauen. Doch das gibt sich sicherlich mit dem spielen, war ja mein
erstes Mal. Toll fand ich auch, dass man eben nicht 30" weit schießt, sondern alle Entfernung und Geschwindigkeit in echtem Maßen angegeben ist, als eben Yards und Knoten. So bekommt man viel mehr ein Gespür für die Geschwindigkeit und vor allem für die Distanz auf der so ein Gefecht ausgetragen wird. Das trägt definitiv zum Spielerlebnis bei!
Soweit so gut. Vielleicht hinterlasst ihr eure Meinung und
euren Eindruck des Spiels, würd mich ja interessieren, auch Fragen sind
erwünscht.
Danke für den schönen Einblick, Matze.
AntwortenLöschenSeekrieg scheint ein spannendes System zu sein, wenn man sich die Mühe macht, sich dort einzuarbeiten und das alles ordentlich vorbereitet - aber da vertraue ich voll und ganz auf Deine Erfahrung! :-)
Thomas
PS: Ab und zu findet man die Dreadfleet-Spielmatten günstig auf Ebay, die reichen für ein kleines Probespiel völlig aus. :-)